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Befristung als Flexibilisierungsinstrument einzelner Arbeitsbedingungen

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Neben der nur befristeten Einstellung eines Arbeitnehmers kann in der Praxis ein Interesse der Arbeitsvertragsparteien – regelmäßig des Arbeitsgebers – bestehen, lediglich einzelne Arbeitsbedingungen zu befristen. Gerne wird dieses Flexibilisierungsinstrument etwa im Rahmen der Gewährung von Vergütungsbestandteilen, der Erhöhung der Arbeitszeit oder der Übertragung von (höherwertigen) Tätigkeiten verwendet.

Angemessenheits- statt „echter“ Befristungskontrolle

Die Befristungsabrede hinsichtlich einzelner Arbeitsbedingungen in Formulararbeitsverträgen unterliegt einer Vertragsinhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung nach § 307 Abs. 1 BGB ist zu prüfen, ob die Befristung den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Durch eine Abwägung der beiderseitigen Interessen ist festzustellen, ob eine Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers vorliegt, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Insoweit gilt also für die Kontrolle der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen ein anderer Maßstab als für die Befristungskontrolle nach § 14 TzBfG, wonach außerhalb der Fälle einer sachgrundlosen Befristung stets ein sachlicher Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG erforderlich ist.

Erhöhte Anforderungen an die Rechtfertigung der zeitlichen Befristung einzelner Arbeitsbedingungen sind nach der Rechtsprechung des BAG ausnahmsweise jedoch dann zu stellen, wenn durch die befristete Änderung einzelner Arbeitsbedingungen erheblich in das Synallagma der gegenseitigen Leistungen eingegriffen wird. In diesen Fällen ist erforderlich, dass im Rahmen der Angemessenheitsprüfung Umstände vorliegen, die die Befristung eines Arbeitsvertrages insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würden (BAG v. 25.4.2018 – 7 AZR 520/16 zur Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang).

Aufgrund der gesetzlichen Wertungsmaßstäbe des TzBfG ist bei Vorliegen eines Sachverhalts, der die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt mit einem Sachgrund i. S. d. § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnte, in der Regel davon auszugehen, dass das Interesse des Arbeitgebers an der nur befristeten Vereinbarung der Vertragsbedingung das Interesse des Arbeitnehmers an deren unbefristeter Vereinbarung überwiegt.

Beispiele angemessener zeitlicher Befristungen könnten etwa in der befristeten Beschäftigung auf einer Beförderungsstelle zum Zwecke der Vertretung eines Kollegen/einer Kollegin in Elternzeit oder in der befristete Erhöhung der Arbeitszeit einer Teilzeitkraft aufgrund eines speziellen Saisongeschäfts oder Projektgeschäfts gesehen werden.

Kontrolle bei Individualabreden

Ob und inwieweit die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen in einer Individualvereinbarung – die in der Praxis selten vorliegen wird – einer Befristungskontrolle unterliegt, ist bislang nicht abschließend entschieden. Mangels einschlägiger gesetzlicher Grundlagen ist richtigerweise davon auszugehen, dass eine Kontrolle der Individualvereinbarung lediglich in den Grenzen der §§ 134, 138 BGB zu erfolgen hat.

Sofern sich vereinzelte Stimmen für eine Anwendung der Befristungskontrolle anhand der Wertungsmaßstäbe des TzBfG aussprechen, wird dies zum einen durch eine andernfalls mögliche Umgehung des Änderungskündigungsschutzes begründet; zum anderen wird diese unter Rückgriff auf § 242 BGB gerechtfertigt.

Kein Schriftformerfordernis

Da § 14 TzBfG keine unmittelbare Anwendung auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen findet, unterliegt eine entsprechende Vereinbarung auch nicht dem Schriftformerfordernis. Dennoch empfiehlt sich zu Vermeidung späterer Streitigkeiten hinsichtlich der geänderten Bedingungen und der Befristungsdauer eine schriftliche Fixierung.

Fazit

Auch die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen ist nur innerhalb der vorgenannten Grenzen möglich. Da eine unwirksame Befristung zur unbefristeten Anpassung des Vertragsverhältnisses führt, sollten Arbeitgeber dringend entsprechende Befristungskontrollen durchführen, bevor sie einzelne Arbeitsbedingungen befristet anpassen.

Franziska Wasem

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Senior Associate
Franziska Wasem berät und vertritt nationale wie internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt in der laufenden arbeitsrechtlichen Beratung von Unternehmen sowie in der Betreuung von Kündigungsschutzstreitigkeiten.
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