open search
close
Datenschutz Neueste Beiträge

Kopie personenbezogener Mitarbeiterdaten – Keine Pflicht zur Herausgabe umfassender Unterlagen

Print Friendly, PDF & Email

Nach der DSGVO kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Kopie der personenbezogenen Daten verlangen, die Gegenstand der Verarbeitung durch den Arbeitgeber sind. Die Reichweite dieses Anspruchs ist nach wie vor umstritten. Eine Klärung durch das BAG ist bislang nicht erfolgt. Nun hat sich das ArbG Bonn (Urteil vom 16.07.2020 – 3 Ca 2026/19) gegen ein weites Verständnis des Anspruchs ausgesprochen und klargestellt, dass nur die Herausgabe einer Aufstellung der gespeicherten Daten verlangt werden kann.

Was ist passiert?

Gegen den klagenden Arbeitnehmer (Leiter der Rechtsabteilung) stand der Vorwurf im Raum, er habe Betriebsratsmitgliedern unzulässige Vergünstigungen gewährt. Die beklagte Arbeitgeberin leitete daraufhin Untersuchungen ein, im Rahmen derer mehrere Unterlagen mit personenbezogenen Daten des Klägers angefertigt und gespeichert worden sind. Der Arbeitnehmer machte in der Folge den auf die Herausgabe einer Kopie seiner personenbezogenen Daten gerichteten Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO geltend. Dabei verlangte er vom Arbeitgeber die Zurverfügungstellung der Kopien derjenigen Daten, welche im Zusammenhang mit den Untersuchungen sowie mit sonstigen Anschuldigungen zu seiner Person verarbeitet worden sind. Hiervon waren etwa die Dokumentation der Untersuchungsmaßnahmen und -ergebnisse, die Befragungsprotokolle, die Hinweise von Whistleblowern, sowie die ausgewertete E-Mail-Kommunikation betroffen.

Übersicht mit gespeicherten Daten reicht aus!

Das ArbG wies die Klage ab. Es hielt das Begehren des Arbeitnehmers für zu weitreichend und nicht mehr durch Art. 15 Abs. 3 DSGVO gedeckt. Nach Auffassung des Gerichts beinhaltet der Anspruch auf Herausgabe einer Kopie der verarbeiteten Mitarbeiterdaten leidglich die Übermittlung einer Liste der gespeicherten Daten an den Arbeitnehmer. Der Begriff „Kopie“ im Sinne von Art. 15 Abs. 3 DSGVO sei insoweit als ein Exemplar einer Liste von Daten zu verstehen.

Die Begründung des Arbeitsgerichts

Die Gleichsetzung der in Art 15 Abs.3 DSGVO genannten Kopie mit einer Datenübersicht ergibt sich nach Auffassung des Gerichts aus dem Zusammenspiel der ersten beiden Sätze der Vorschrift sowie deren Sinn und Zweck. Während der erste Satz auf die Zurverfügungstellung einer kostenlosen „Kopie“ der personenbezogenen Daten gerichtet sei, könne der Arbeitgeber für weitere Kopien auf Grundlage des zweiten Satzes ein Entgelt verlangen. Dies werde durch einen Blick auf die im Originaltext der DSGVO verwendeten englischen bzw. französischen Begriffe „Copy“ und „Copie“ deutlich, die jedenfalls auch mit „Exemplar“ übersetzt werden könnten. Aus dem Sinn und Zweck der Norm seien keine Umstände ersichtlich, dass über die Information in Bezug auf das gespeicherte Datum hinaus noch eine Herausgabepflicht von Unterlagen bestehen soll. Damit scheide etwa auch eine Herausgabe von Protokollen über die Aussage von befragten Betriebsratsmitgliedern aus.

Fazit

Das Urteil des ArbG Bonn enthält gute Nachrichten für Arbeitgeber. Es fügt sich in eine Reihe von Entscheidungen ein, welche zu einem eingeschränkten Verständnis des Art. 15 Abs. 3 DSGVO gelangen (vgl. auch LG Köln v. 18.03.2019 – 26 O 25/18; LG Heidelberg v. 21.02.2020 – 4 O 6/19). Einem weiten Verständnis der Vorschrift wird damit eine eindeutige Absage erteilt. Die Entscheidung steht zudem im Einklang mit der Auffassung deutscher Datenschutzbehörden sowie der Rechtsprechung des EuGH zur Vorgängervorschrift des Art. 15 DSGVO (vgl. EuGH v. 17.07.2014 – C-141/12 und C-372/12). Arbeitgeber sollten sich daher von weitreichenden Herausgabeanträgen, die von Arbeitnehmern meist im Zuge von Kündigungsschutz- oder Zahlungsklagen gestellt werden, nicht unter Druck setzen lassen. Ausgehend vom Wortlaut des Art 15 Abs. 3 DSGVO, wonach nur eine Kopie der personenbezogenen Daten und nicht auch der betreffenden Akten oder sonstigen Unterlagen herauszugeben sind, können sich Arbeitgeber zunächst mit guten Gründen auf die Zurverfügungstellung einer Datenübersicht beschränken.

Tomislav Santon, LL.M.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Counsel
Tomislav Santon berät Arbeitgeber schwerpunktmäßig zu Fragen des Arbeitnehmerdatenschutzes, der betrieblichen Mitbestimmung sowie der Vertragsgestaltung, einschließlich Fremdpersonaleinsatz. Darüber hinaus unterstützt er Unternehmen im Rahmen von Umstrukturierungen.
Verwandte Beiträge
Datenschutz Individualarbeitsrecht Neueste Beiträge

„Auskunft, sonst Schadensersatz!“ – Handlungsoptionen für Arbeitgeber bei Auskunftsansprüchen

Datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche gegen den Arbeitgeber gehören für Arbeitnehmer(-vertreter) vor allem in Kündigungsstreitigkeiten zum Regelrepertoire. Mittlerweile wird auch vermehrt über arbeitnehmerseitige Schadensersatzansprüche aufgrund nicht oder nicht vollständig erteilter Auskünfte gestritten. Die Rechtsprechung befindet sich noch im Fluss, sodass sich für viele Arbeitgeber Unklarheiten darüber ergeben, wie mit fragwürdigen Auskunftsbegehren umzugehen ist. Dieser Beitrag soll einen Überblick liefern und Handlungsoptionen aufzeigen. Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch ist mittlerweile ein…
Compliance Datenschutz Individualarbeitsrecht Kollektivarbeitsrecht Neueste Beiträge Restrukturierung Top-Management Vergütung

Top 6 des Jahres 2023 aus arbeitsrechtlicher Sicht

Das Jahr 2023 ist nun beinahe wieder vorbei. Zur Anheizung der weihnachtlichen Vorfreude lesen Sie hier unseren Jahresrückblick auf eine kleine Auswahl an besonders beachtenswerten und für das Arbeitsrecht relevanten Urteilen – u.a. zu den Themen Equal Pay, Beweisverwertungsverbote, Geschäftsführerhaftung, Outsourcing und Strafrecht. Wie in jedem Jahr gab es auch in 2023 wieder einige Gerichtsentscheidungen, die in einem arbeitsrechtlichen Jahresrückblick nicht fehlen dürfen. Unsere diesjährigen…
Internationales Arbeitsrecht Neueste Beiträge

Belgium’s new whistleblowing law

The EU Whistleblowing Directive has been implemented in Belgium and SMEs have only until 17 December to act. Here we consider some of the key details of the new Belgian legislation. Background The EU Whistleblowing Directive had to be transposed into Belgian national law by 17 December 2021 at the latest. This deadline was not met by Belgium. The Directive was, however, transposed into Belgian…
Abonnieren Sie den kostenfreien KLIEMT-Newsletter.
Jetzt anmelden und informiert bleiben.

 

Die Abmeldung ist jederzeit möglich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert