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Keine Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Bezahlung von Raucherpausen

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Die Zahl der Raucher ist weiter rückläufig. Dies zeigt sich auch im Arbeitsleben. So werden in vielen Betrieben immer restriktivere Regeln für Raucher aufgestellt. Doch inwiefern ist bei der Einführung eines Rauchverbots im Betrieb oder bei der Entscheidung über bezahlte Raucherpausen der Betriebsrat zu beteiligen?

Raucher haben keinen Anspruch auf bezahlte Raucherpausen – das haben wir bereits in unserem Blogbeitrag vom 17. November 2020 dargestellt. Auch weitere flexible, unbezahlte Raucherpausen können sie nicht verlangen. Arbeitgeber dürfen eine entsprechende Praxis in ihren Betrieben beenden, ohne dass sich die Arbeitnehmer auf eine entgegenstehende betriebliche Übung berufen können. Allerdings müssen sie bei der Einführung eines Rauchverbots im Betrieb die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beachten. Grenzen findet dieses Mitbestimmungsrecht jedoch dort, wo Fragen der Kostentragung berührt werden.

Mitbestimmung bei der Einführung eines Rauchverbots im Betrieb

Der Betriebsrat hat bei der Einführung eines Rauchverbots im Betrieb oder einer Beschränkung des Rauchens auf Raucherzonen ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (BAG, Urteil vom 19. Januar 1998 — 1 AZR 499/98). Ein Rauchverbot betrifft eine Frage der betrieblichen Ordnung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb.

Keine Mitbestimmung hinsichtlich der Bezahlung von Raucherpausen

Allerdings dürfen Betriebsräte bei der Entscheidung des Arbeitgebers ihren rauchenden Arbeitnehmern bezahlte Raucherpausen (nicht) zu gewähren, nicht mitbestimmen (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 19. April 2016 — 14 TaBV 6/16; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 21. Juni 2007 — 4 TaBV 12/07). Das gilt immer dann, wenn Rauchen während der Arbeitszeit nicht zum Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung gehört. Und das dürfte in den meisten Fällen so sein. Beim Rauchen handelt sich dann nicht um ein arbeitsbegleitendes Verhalten, sondern um ein Verhalten, dem die Arbeitnehmer neben der Erledigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeit nicht gleichzeitig nachgehen können. Das Verbot während der Arbeitszeit zu rauchen, stellt daher eine Konkretisierung der Art und Weise der Arbeitserbringung dar. Es wird weder die betriebliche Ordnung angesprochen, noch das betriebliche Zusammenleben koordiniert. Auch eine Gestaltung der sozialen Ordnung findet nicht statt.

Das BAG führt insofern aus, dass mitbestimmungspflichtiges Ordnungsverhalten in der Abgrenzung zum mitbestimmungsfreien Arbeitsverhalten (nur) berührt sei, wenn nicht schon die Arbeitsleistung selbst durch das Rauchen beeinträchtigt wird (BAG, Urteil vom 19. Januar 1998 — 1 AZR 499/98).

In einem neueren Beschluss vom 13. Februar 2007 zur Mitbestimmung des Betriebsrats bei der zeitlichen Lage vergütungspflichtiger tariflicher Kurzpausen, betonte das BAG, dass die Frage der Kostentragung und der Kostenverteilung weder die Ordnung im Betrieb noch das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betreffe (BAG, Beschluss vom 13. Februar 2007 — 1 ABR 18/06). Durch sie werde das betriebliche Zusammenleben weder unmittelbar noch mittelbar geregelt. Auch diese höchstrichterliche Entscheidung lässt sich übertragen und zeigt, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der Vergütung von Raucherpausen nicht besteht.

Kein Initiativrecht zur Einführung von bezahlten Raucherpausen

Nach der Rechtsprechung des BAG besteht außerdem hinsichtlich der Einführung vergütungspflichtiger Pausen kein Initiativrecht des Betriebsrats (Beschluss vom 1. Juli 2003 — 1 ABR 20/02). Für ein Initiativrecht zur Einführung vergütungspflichtiger Pausen und der Festlegung ihrer Dauer gibt § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG keine Rechtsgrundlage her. Andernfalls könnte der Betriebsrat über die Durchsetzung entsprechend langer Pausenzeiten den Umfang der Vergütungspflicht des Arbeitgebers beeinflussen. Ein solches Mitbestimmungsrecht besteht hinsichtlich der Dauer einer vergütungspflichtigen Pause ebenso wenig wie hinsichtlich des wöchentlichen Umfangs der vom Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag zu leistenden Arbeitszeit.

Fazit

Im Ergebnis ist der Betriebsrat daher bei der Einführung eines Rauchverbots oder einer Beschränkung auf Raucherzonen zu beteiligen. Allein der Arbeitgeber entscheidet jedoch, ob Raucherpausen bezahlt werden sollen oder nicht.

Dr. Julia Christina König

Rechtsanwältin
Fach­an­wäl­tin für Arbeitsrecht
Counsel
Julia König berät Arbeitgeber sowohl zu Fragen des Arbeit­neh­mer­da­ten­schut­zes als auch im Umstruk­tu­rie­rungkontext. Besondere Expertise besitzt sie im Bereich von Unter­neh­men in kirchlicher Trä­ger­schaft sowie aus dem Gesund­heits­sek­tor.
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