Gibt ein Arbeitgeber im Rahmen einer Untersuchung Daten seiner Mitarbeiter an Dritte weiter, müssen diese nicht auf Grundlage des Beseitigungsanspruchs des Betriebsrats gelöscht werden – so entschied das Bundesarbeitsgericht jüngst. Aber: Wie kam es zu der Entscheidung?
Nicht selten sehen sich Unternehmen mit internen Untersuchungen konfrontiert. Um hier eine präzise, aber auch allen Beteiligten zumutbare Aufarbeitung der relevanten Vorwürfe sicherzustellen, ist nicht nicht nur eine sorgfältige Vorarbeit im Sinne der Sicherung der E-Mail-Postfächer notwendig, sondern mitunter auch die Weitergabe der Daten an Dritte (z.B. mit der Sachverhaltsaufklärung beauftragte Rechtsanwälte) zum Zwecke der Auswertung und weiteren Veranlassung unerlässlich. Wehrt sich der Betriebsrat im Nachgang gegen eben diese Weiterleitung und Auswertung der Daten und macht seinen betriebsverfassungsrechtlichen Beseitigungsanspruch geltend, kann er bei einer Verletzung seines Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG neben der Beendigung des Zustandes nicht verlangen, dass eine Löschung der weitergegebenen Daten bei Dritten erfolgt.
Sachverhalt
Zwischen dem Betriebsrat und der Arbeitgeberin bestand Streit über Auskunfts-, Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Betriebsrats.
Im Betrieb der Arbeitgeberin kam es aufgrund potentiell strafrechtlich relevanter Vorwürfe zu einer internen Untersuchung, bei der die Arbeitgeberin von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und einer Rechtsanwaltskanzlei unterstützt wurde. Im Rahmen dieser Untersuchung sicherte die Arbeitgeberin E-Mails und überprüfte E-Mail-Postfächer verschiedener Mitarbeiter aus dem bei der Arbeitgeberin genutzten und mit Zustimmung des Betriebsrats eingeführten Softwareprogramm “Outlook“. Die Arbeitgeberin leitete die E-Mails zur Auswertung auch an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die beauftragte Rechtsanwaltskanzlei weiter.
Der Betriebsrat machte eine Verletzung seines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG geltend. Weiterhin war der Ansicht, er benötige Auskunft über die Namen der betroffenen Arbeitnehmer sowie den Grund für die Überprüfung der E-Mails, um die Einhaltung der Datenverarbeitung aus dem Arbeitsverhältnis überwachen zu können. Zudem gehöre zum Beseitigungsanspruch wegen der Verletzung seines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, dass die Arbeitgeberin verpflichtet werde, den bestehenden Zustand zu beseitigen und die Löschung der weitergegebenen Daten der Mitarbeiter bei Dritten zu veranlassen.
Was sagt das BAG?
Das BAG findet in seinem Beschluss vom 23. März 2021 – 1 ABR 31/19 deutliche Worte. So führt es aus, dass einerseits nicht ersichtlich sei,
“[…] welchen Erkenntnisgewinn sich der Betriebsrat aus den Namen der von der E-Mail-Auswertung betroffenen Arbeitnehmer [..] für die Ausübung seines – von ihm ohnehin schon angenommenen – Mitbestimmungsrechts verspricht.“
Anderseits sei der Beseitigungsanspruch aus § 87 BetrVG darauf gerichtet,
„ […] die unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts eingetretene Lage zu beenden.“
Daraus folge bereits, dass der Beseitigungsanspruch sich nicht auf die sich aus der Verletzung des Mitbestimmungsrechts ergebenen Folgen richten würde.
Der Betriebsrat kann deshalb verlangen, dass der Arbeitgeber die Anwendung der mitbestimmungswidrig im Betrieb eingeführten und genutzten technischen Überwachungsanlage unterlässt. Nicht aber verlangen kann er den – mit dem Beseitigungsanspruch vorliegend tatsächlich primär verfolgten – Zweck der Löschung von Daten, die aufgrund des mitbestimmungswidrigen Verhaltens gesichert und weitergeleitet wurden.
Was folgt hieraus für Arbeitgeber?
Die Entscheidung des BAG ist erfreulich. Es ist klargestellt, dass der Betriebsrat durch die Hintertür des Beseitigungsanspruchs nicht auch eine Folgenbeseitigung durchsetzen kann. Dabei konzentriert sich das BAG richtigerweise auf den Sinn und Zweck des Beseitigungsanspruchs: Die Beendigung des (mitbestimmungswidrigen) Zustandes.
Arbeitgeber sollten präzise darauf achten, welchen Anspruch der Betriebsrat geltend macht. Geht es allein um die Rückgängigmachung eines vermeintlich mitbestimmungswidrigen Zustandes, kann der Arbeitgeber den auf § 87 BetrVG gestützten Beseitigungsanspruch ablehnen.