Job-Absage mangels „flinker Frauenhände“ – ein Fall für das AGG?

Absagen in Bewerbungsverfahren sind heute oft standardisiert. Das hat gute Gründe. Denn unbedachte Formulierungen können teuer werden. Anschaulich zeigt dies eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg: Das LAG urteilte über die Frage, ob die Absage gegenüber einem männlichen Bewerber mit dem Hinweis, die Tätigkeit sei „eher etwas für flinke Frauenhände“, eine Benachteiligung wegen des Geschlechts darstellen kann. Der Fall Die Beklagte stellt Modellfahrzeuge im Maßstab 1:87…

Robot Recruiting – Mit Hilfe von KI zu einem objektivierten Bewerbungsverfahren?

Künstliche Intelligenz („KI“) wird immer häufiger zur Unterstützung bei Bewerbungen herangezogen. Ziel ist es, die HR-Prozesse zu automatisieren und zu optimieren, verbunden mit der Hoffnung, dass das Bewerbungsverfahren effizienter und objektiver wird. Dabei werden lernende Algorithmen nicht nur für die Suche von geeigneten Bewerber:innen, sondern auch für den Erstkontakt mit dem/der Bewerber:in genutzt. In diesem Beitrag beleuchten wir die rechtlichen Probleme der Nutzung von KI…

Wenig Aufwand, hoher Gewinn: AGG-Entschädigung bei Bewerbung über Chatfunktion

Kommt es im Rahmen eines Bewerbungsprozesses zu einer Diskriminierung, sind grundsätzlich Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche aus dem AGG möglich. Voraussetzung dafür ist der „Bewerberstatus“. Doch wie wird man eigentlich zum „Bewerber“? Reicht dazu eine einfache Nachricht oder müssen dem (potenziellen) Arbeitgeber auch prüffähige Bewerbungsunterlagen übermittelt werden? Zu dieser Frage entschied das LAG Schleswig-Holstein kürzlich im Fall einer Bewerbung über eBay-Kleinanzeigen. Durch das AGG sollen Beschäftigte im…

AGG-Verstoß bei fehlender Zustimmung des Integrationsamtes?

Soll ein schwerbehinderter Arbeitnehmer gekündigt werden, bedarf die Kündigung der Zustimmung des Integrationsamtes. Eine Kündigung ohne Zustimmung ist nichtig. Zusätzlich können auf den Arbeitgeber Entschädigungszahlungen nach dem AGG zukommen. Worauf bei Kündigungen von schwerbehinderten Arbeitnehmern zu achten ist, erläutert dieser Beitrag. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, wann eine Schwerbehinderung des Arbeitnehmers „offenkundig“ ist und ob diesem eine Entschädigung nach § 15…

Umsetzung der „Work-Life-Balance-Richtlinie“ – was kommt auf Unternehmen zu?

Bis zum 2. August 2022 muss der Gesetzgeber die sog. „Work-Life-Balance-Richtlinie“ umsetzen. Mit Spannung wurde erwartet, ob auch in Deutschland der „Vaterschaftsurlaub“ möglich wird. Schnell wird aber klar: Der „große Wurf“ bleibt vorerst aus. Welche Änderungen dennoch bereits ab dem 2. August auf Unternehmen zukommen, soll der folgende Beitrag zeigen. Im Jahr 2021 haben rund 1,9 Millionen Frauen und Männer Elterngeld erhalten. Der Männeranteil beim…

EuGH: Erhöhtes Kündigungsschutzniveau für schwerbehinderte Menschen?

Innerhalb der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses besteht auch für schwerbehinderte Arbeitnehmer:innen kein besonderer Kündigungsschutz. An eine Kündigung innerhalb dieser Zeit sind damit grundsätzlich keine besonderen Anforderungen geknüpft. Das könnte sich jetzt ändern: In einer aktuellen Entscheidung zur Kündigung eines Gleisarbeiters hat der EuGH (Urt. v. 10.02.2022 in der Rechtssache C-485/20 HR Rail) festgestellt, dass die Kündigung von Arbeitnehmer:innen mit Schwerbehinderung auch während der „Probezeit“…

Diskriminierungsrecht: Vorsicht bei Kinderzuschlägen in Sozialplänen und Freiwilligenprogrammen

Wenn ein Arbeitsplatz abgebaut werden muss, gibt es meist Zuschläge für diejenigen, die durch den Wegfall besonders betroffen sind. Das Kriterium „Lohnsteuerabszugsmerkmal Kinderfreibetrag“ ist nun kürzlich von einem Gericht als mittelbar diskriminierend gegenüber Frauen eingestuft worden. Was sich dadurch ändert, zeigt dieser Blogbeitrag. Häufig werden in Sozialplänen und Freiwilligenprogrammen zusätzlich zur Grundabfindung noch Zuschläge für Mitarbeiter vereinbart, die besonders durch den Wegfall des Arbeitsplatzes betroffen…

EuGH zu Gender Pay Gap: Entgeltgleichheit eine der Grundlagen der Union

Das Thema Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern ist viel diskutiert, der weiterhin bestehende „gender pay gap“ und oftmals bestehende Beweisschwierigkeiten geben dazu Veranlassung. Juristisch sind noch Fragen ungeklärt: Muss die Arbeit „gleich“ sein oder reicht auch „gleichwertig“, um das gleiche Entgelt unmittelbar verlangen zu können? Können sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten unmittelbar auf Art. 157 AEUV berufen? Einige Fragen hat der…

Gender Pay Gap: Erfurt vermutet Diskriminierung

Zur Bekämpfung des bis heute bestehenden geschlechterspezifischen Lohngefälles in Unternehmen hat der Gesetzgeber im Jahre 2017 das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) geschaffen, mit dem das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchgesetzt werden soll. Auskunfts- und Zahlungsansprüche gegen Arbeitgeber auf Grundlage dieses Gesetzes waren bisher in der arbeitsrechtlichen Praxis nicht an der Tagesordnung. Die praktische Relevanz des EntgTranspG dürfte sich…

„divers“ – Einführung eines dritten Geschlechts und Auswirkungen für die Praxis

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat dem deutschen Gesetzgeber im Jahr 2017 (BVerfG, Beschluss v. 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16) den Auftrag erteilt, die mit dem bisher geltenden Personenstandrechts einhergehenden Verstöße gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und das besondere Diskriminierungsverbot in Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG aus der Welt zu schaffen. Schon damals sprachen Befürworter und…